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BEREIT, GESCHICHTE ZU SCHREIBEN!

22.04.2022

Als Flug EW7051 am frühen Donnerstagabend auf Hamburger Boden aufsetzte, spätestens da wird es mit der Ruhe und Gelassenheit endgültig vorbei gewesen sein. „Warum sollen wir nervös sein?“, hatte am Vortag noch Kapitän Nikolai Link gefragt, „Wir haben doch überhaupt nichts zu verlieren.“ Dafür enorm viel zu gewinnen. Ja, schon jetzt, vor dem mit Hochspannung erwarteten Halbfinale gegen den SC Magdeburg (Samstag, 16 Uhr, live auf Sky und in der ARD) gilt der Pokal-Slogan, den sich der einzige bayerische Bundesligist vor der Reise in den hohen Norden ausgedacht hat, streng genommen als erfüllt: „Zeit, Geschichte zu schreiben“ wird auf der Kabinentür der Barclays Arena stehen, wenn die Mannschaft sie am Samstagnachmittag öffnet, um in eine mit 13.000 Zuschauern restlos ausverkaufte Arena einzulaufen. Damit reißt sie damit auch ein ganz neues Kapitel ihrer Vereinsgeschichte auf: Die Qualifikation für das REWE FinalFour um den Handball-Pokal ist nichts weniger als die Krönung einer eindrucksvollen Pokalsaison mit Siegen über die SG Flensburg-Handewitt und über die HSG Wetzlar, im Viertelfinale beim Altmeister in Gummersbach – es ist der absolute Höhepunkt der Vereinsgeschichte, die Krönung für all den Einsatz und die Begeisterung der Mannschaft, aber auch der zahlreichen Fans. Über 1000 Anhänger werden auch in den Fanblöcken des HCE in Hamburg erwartet.„Es ist beeindruckend, wie fest unsere Fans hinter uns stehen, dass für viele diese 600 Kilometer eine Selbstverständlichkeit sind, um dabei zu sein, gemeinsam dieses historische Ereignis anzugehen“, sagt Geschäftsführer Rene Selke, der nichts weniger als „die größte Rote Wand unserer Geschichte“ erwartet – bereits in den vorangegangenen Partien hatten die Fans ganz in Rot auch optisch hinter ihrer Mannschaft gestanden, „natürlich spürt man das, gibt das unfassbar Energie“, hatte Johannes Sellin, der Rechtsaußen nach dem Sieg in Gummersbach verraten. 

Diese gewaltige Energie soll auch diesmal wieder von den Rängen aufs Parkett schwappen, die Spieler mitreißen und so zu Höchstleistung pushen – „das wird auch nötig sein, um Magdeburg im Halbfinale zu ärgern“, sagt Nikolai Link. Dafür hat der HC Erlangen viele Hundert Glitzerfahnen in Rot und Blau, den Vereinsfarben, besorgt, auch auf die über tausend Klatschpappen ist der Slogan gedruckt, der alles aussagt über das anstehende Pokal-Wochenende: „Zeit, Geschichte zu schreiben“.„Ich war schon mehrfach dabei in Hamburg, die Atmosphäre wird einzigartig“, verspricht auch Trainer und Sportdirektor Raul Alonso. Für die allermeisten seiner Spieler wird das Neuland werden, auch die Rolle, in der Alonso heuer zum FinalFour fährt ist eine andere als noch mit dem THW Kiel als Co-Trainer. „Aber wir sind nicht nur als Touristengruppe gekommen, um zu staunen“, verspricht der Coach, „wir wollen es Magdeburg so schwer wie möglich machen.“
Dass das eine riesengroße, fast übermenschliche Aufgabe ist, weiß der HC Erlangen dabei einzuschätzen. „Magdeburg spielt eine eindrucksvolle Saison, sie sind so gut wie gar nicht aufzuhalten“, weiß auch Rene Selke. Der Tabellenführer der Bundesliga zählt mit dem THW Kiel, der im Halbfinale um 13.30 Uhr (live bei Sky im Free-Streaming) bereits auf den Titelverteidiger TBV Lemgo trifft, zu den großen Favoriten auf den Cup. „Dass wir aber nicht chancenlos sind, hat das Hinspiel gezeigt“, betont Raul Alonso.

Damals gewann Magdeburg nur glücklich mit einem verwandelten Siebenmeter nach der Schlusssirene 28:27. „Auch wenn das Mut macht: Die Karten sind im Pokalhalbfinale natürlich noch einmal komplett neu gemischt“, so Alonso. Gegen eine der besten Mannschaften der Welt kann der Coach auf seinen gesamten Kader zurückgreifen, „es will natürlich jeder dabei sein, ganz klar“, sagt Raul Alonso, „dennoch haben wir – wie jede andere Mannschaft auch – mit ein paar angeschlagenen Spielern zu kämpfen.“ Schlüssel wird wohl sein, über eine starke Deckung und einen herausragenden Torhüter auch in der Offensive die Durchschlagskraft zu entfalten, die man nach harten Trainingswochen und immer größeren Fortschritten zuletzt beim Heimsieg über den Bergischen HC schon erkennen konnte. „Diese und noch ein paar Prozent mehr werden wir brauchen“, weiß Rene Selke, der Geschäftsführer, „um eine ganz große Sensation zu schaffen. “Zweimal 30 Minuten Handball-Schwerstarbeit gemeinsam mit der „Roten Wand“ liegen somit vor dem HC Erlangen in Hamburg, dann könnte der Lohn umso größer sein – es winkt mit ein wenig Glück mit dem Finaleinzug gleichzeitig die Teilnahme kommende Saison am Europapokal. Wer weiß, wenn der Flieger am Sonntagabend mit dem Ziel Nürnberg in Hamburg wieder abhebt, wie groß die Geschichte dann sein wird, die der HC Erlangen mit seinen Fans geschrieben hat.